Wie lange bleiben Frühchen im Krankenhaus?

Als angehende Eltern freut man sich auf das Leben mit dem Nachwuchs. Man richtet die Wohnung entsprechend ein und kann es kaum erwarten, das neue Familienmitglied zu begrüßen und ihm sein neues Zuhause zu zeigen. Doch als Frühcheneltern macht einem das Schicksal einen Strich duch die Rechnung. Das Leben des neuen Familienmitglieds beginnt im Krankenhaus und kann dort auch noch für eine ganze Weile stattfinden. Neben den vielen gesundheitlichen Fragen und Sorgen kommt aber irgendwann auch die Frage: Wie lange muss mein Frühchen im Krankenhaus bleiben?

Wie lange bleiben Frühchen also im Krankenhaus? So unterschiedlich die Startbedingungen für das jeweilige Frühchen sind, so unterschiedlich ist auch die Antwort auf die Frage, wie lange ein Frühchen im Krankenhaus bleiben wird. Die meisten Frühchen werden um den errechneten Geburtstermin (ET) herum entlassen, oftmals auch 2-6 Wochen vorher oder nachher.

In Einzelfällen kann die Zeit im Krankenhaus aber auch deutlich länger sein. Es gibt Fälle, in denen Frühchen noch ihren ersten Geburtstag im Krankenhaus feiern mussten. Die Länge des Krankenhausaufenthalts hängt von vielen Faktoren ab, hauptsächlich vom Gesundheitszustand des Babys, aber auch vom Gestationsalter und dem Geburtsgewicht.

Wie lange bleiben Frühchen im Krankenhaus?

Wir haben oben gesehen, dass Frühchen meist um den errechneten Geburtstermin (ET) herum entlassen werden. In vielen Fällen kann dies auch bis zu ungefähr 2-6 Wochen vor oder nach dem ET geschehen, in Ausnahmefällen auch deutlich später. Das eigentliche Kriterium für die Länge des Krankenhausaufenthalts ist aber natürlich der Gesundheitszustand des Frühchens. Frühchen werden dann entlassen, wenn es medizinisch nicht mehr notwendig ist, sie stationär im Krankenhaus zu behalten.

Viele Krankenhäuser mit Neonatologie haben heutzutage auch ein Entlassmanagement, das die Frühchen und ihre Eltern auf die Entlassung vorbereitet und auch nach der Entlassung weiter betreut. Auch die Verordnung einer häuslichen Kinderkrankenpflege ist möglich. Damit können Frühchen, die früher vielleicht noch länger im Krankenhaus geblieben wären, heute früher entlassen werden.

Gewisse Einschränkungen wie eine Ernährung per Magensonde oder Sauerstoffbedarf sind heute nicht mehr zwangsläufig Gründe, ein Frühchen länger im Krankenhaus zu behalten. Mit der richtigen Einweisung können Eltern diese Pflegeformen auch zuhause selbst erledigen. Eventuell auch mit Unterstützung der häuslichen Kinderkrankenpflege.

In einer Studie1 aus dem Jahr 2003 wurden die durchschnittlichen und mittleren Dauern der Krankenhausaufenthalte von Frühchen, die 1996 in Kalifornien geboren wurden, ermittelt. Es zeigt sich dabei, dass das Gestationsalter und das Geburtsgewicht grobe Anhaltspunkte dafür sind, wie lange ein Frühchen im Krankenhaus bleiben wird.

Dies ist natürlich nicht wirklich erstaunlich, da das Geburtsgewicht mit höherem Gestationsalter im Durchschnitt steigt. Und auch die gesundheitlichen Probleme mit zunehmendem Gestationsalter und Geburtsgewicht im Durchschnitt abnehmen.

Länge des Krankenhausaufenthalts nach Gestationsalter

Der erste Faktor, den die oben genannte Studie untersucht hat, ist das Gestationsalter. Es zeigt sich, dass insbesondere bei extremen Frühchen der durchschnittliche Krankenhausaufenthalt schon eher bis nah an den ET dauert. Bei späteren Frühchen kommt es im Durchschnitt jedoch öfters vor, dass die Frühchen auch schon mehrere Wochen vor dem ET nach Hause dürfen.

Dies liegt vermutlich einfach daran, dass die Komplikationen in der Regel mehr und schwerer sind, je früher ein Frühchen geboren wird. Bei späteren Frühchen kommen Komplikationen, die einen längeren stationären Aufenthalt im Krankenhaus notwendig machen, im Durchschnitt seltener vor. Dementsprechend können sie auch früher entlassen werden.

In der folgenden Tabelle sind die Anzahl der im Jahr 1996 in Kalifornien geborenen Frühchen pro Gestationswoche und die durchschnittliche und mittlere Dauer des Krankenhausaufenthalts aufgeführt. Es fällt auf, dass pro zusätzlicher Schwangerschaftswoche sowohl die durchschnittliche als auch die mittlere Aufenthaltsdauer und mehr als 7 Tage sinkt. Das spricht dafür, dass tatsächlich die Komplikationen und damit auch die stationär zu behandelnden Probleme mit zunehmendem Gestationsalter abnehmen.

Gestationsalter (SSW)AnzahlDurchschnitt (Tage)Mittelwert (Tage)
2519292,087
2625175,975
2732866,866
2840252,351
2958539,540
3079730,429
31119421,518
32192114,89
3331729,03
3457885,92
3598983,92
3616.6092,81
Länge des Krankenhausaufenthalts von Frühchen nach Gestationsalter

Länge des Krankenhausaufenthalts nach Geburtsgewicht

Auch beim zweiten Faktor, dem Geburtsgewicht, ist es eigentlich direkt nachvollziehbar, dass mit steigendem Geburtsgewicht die Dauer des Krankenhausaufenthalts sinkt. Je größer das Geburtsgewicht, desto weiter fortgeschritten war im Durchschnitt die Schwangerschaft. Und desto weiter auch die Entwicklung des Babys.

In der folgenden Tabelle sind die Anzahl der 1996 in Kalifornien geborenen Babys mit einem bestimmten Geburtsgewicht und die durchschnittliche und mittlere Dauer des Krankenhausaufenthalts angegeben. Auch hier ist auffällig, dass mit steigendem Geburtsgewicht die Länge des stationären Krankenhausaufenthalts überproportional schnell sinkt. Ab einem Geburtsgewicht von mehr als 2.250 g dauerte der mittlere Aufenthalt sogar nur noch 2, und ab 2.500 g nur noch 1 Tag.

Geburtsgewicht (g)AnzahlDurchschnitt (Tage)Mittelwert (Tage)
500-749266103,098
750-99958178,274
1.000-1.24987255,251
1.250-1.4991.05836,535
1.500-1.7491.56525,523
1.750-1.9992.42314,613
2.000-2.2494.5977,95
2.250-2.49910.1883,92
2.500-2.74921.2152,41
2.750-3.00048.6101,91
Länge des Krankenhausaufenthalts von Frühchen nach Geburtsgewicht

Sollten Frühchen schnell aus dem Krankenhaus entlassen werden?

Eltern wünschen sich natürlich, dass sie ihr Kind so schnell wie möglich mit nach Hause nehmen können. Noch mehr möchten sie aber auch, dass ihr Kind gesund und ohne Gefahr mit nach Hause kann. Daher sollte der stationäre Aufenthalt im Krankenhaus so lang wie nötig, aber so kurz wie möglich sein.

Diesen Punkt zu finden ist aber gar nicht so leicht. Glücklicherweise sind Neonatologen so gut ausgebildet, dass sie das meistens sehr gut einschätzen können. Es gibt aber auch Fälle, in denen der Aufenthalt aus politischen Gründen verkürzt wird. So hat beispielsweise Kanada in den 1990er Jahren die Aufenthaltsdauer von Frühchen im Krankenhaus reduziert. Die Ergebnisse dieser Maßnahme wurden natürlich auch wissenschaftlich ausgewertet2.

Dabei hat sich gezeigt, dass sich durch die Verkürzung der Aufenthaltsdauer die Rate der Kinder, die zur Wiederaufnahme im Krankenhaus vorgestellt wurden, erhöht hat. Mit anderen Worten: Wird ein Baby zu schnell entlassen, kommt es öfters vor, dass es in Kürze erneut stationär ins Krankenhaus muss.

Neuere Studien zweifeln den Zusammenhang zwar an3, aber richtig eindeutige Ergebnisse gibt es zu diesem Thema noch nicht. Es kann also durchaus etwas dran sein, dass ein etwas zu kurzer Aufenthalt mit Nachteilen verbunden ist.

Ein solches System, bei dem politisch festgelegt ist, wie lange ein Frühchen im Krankenhaus bleiben darf, haben wir zum Glück nicht. Die Entscheidung, ob ein Frühchen entlassen wird oder nicht, hängt rein von medizinischen Faktoren ab.

Wir alle möchten unsere Frühchen so schnell wie möglich nach Hause holen. Und so gesund wie möglich. Wenn es also doch ein paar Tage oder Wochen länger dauert, dann sollte es zum besten Wohl des Kindes sein.

Wie lange waren eure Frühchen im Krankenhaus bei welchem Gestationsalter? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!

Fußnoten

1 William M. Gilbert et al., The cost of prematurity: quantification by gestational age and birth weight, Obstetrics & Gynecology 102.3 (2003): 488-492, doi:10.1016/S0029-7844(03)00617-3 (2003)

2 Shiliang Lui et al., Increased Neonatal Readmission Rate Associated with Decreased Length of Hospital Stay at Birth in Canada, Can J Public Health. 2000;91(1):46-50, doi:10.1007/BF03404253 (2009)

3 Katie Harron et al., Newborn Length of Stay and Risk of Readmission, Paediatr. Perinat. Epidemiol., 31: 221-232, doi:10.1111/ppe.12359 (2017)

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