Frühchengeschichte: Oscar, 26 SSW + 4

Dies ist die Geschichte von Oscar. Er kam am 21. Februar 2020 mit 26 SSW + 4 zur Welt.

Im September 2019 durfte ich das zweite mal positiv testen. Anfangs begleitete mich nur Übelkeit und der Kleine wuchs super. Beim Harmony Test in der 14. SSW war alles top. Es wird ein Junge!


Der Held dieser Geschichte

Name
*
🗓

Oscar
21.02.2020
26 SSW + 4
35 cm
825 g


Die Schwangerschaft

Ab der 18. SSW bekam ich einen Bauchgurt, weil Oscar unglaublich schwer war und nach unten zog. In SSW 22 war ich zur Feindiagnostik, da ich innerlich ein ungutes Gefühl hatte und schon bei Dr. Google einiges über das Thema Frühgeburt gelesen hatte.

Dort wurde eine verkalkte Plazenta festgestellt. Ich sollte dies alle 4 Wochen kontrollieren lassen. Bei 24 SSW + 4 hatte ich eine Routineuntersuchung beim Frauenarzt. Es war der Standart mit Blutuntersuchung, CTG, Blutdruck und Ultraschall. Alles war in Ordnung.

4 Stunden später saß ich vor meinem Rechner in meiner Gaststätte. Ich stand auf, weil neue Gäste kamen, und es lief aus mir raus. Ich machte mich sauber und dachte: Okay, alles gut. Kannst weiter arbeiten. Als ich zurück ins Restaurant lief, floss es wieder aus mir.

Ich setzte mich und rief meinen Mann, der oben in der Wohnung war. Wir fuhren los, aber wir wußten nicht wohin. Ich kontaktierte meine Frauenärztin über ihr Notfallhandy. Dort fuhren wir hin. Sie bestätigte den Blasenriss.

Ich musste mich bei ihr auf die Liege legen und sie machte einen Ultraschall. Dem Baby ging es zum Glück gut. Von dort aus ging es liegend in die Klinik vor Ort. Hier wurde ich erst mal beruhigt. Da ich keine Wehen hatte, sollte ich per RTW in die Uniklinik verlegt werden. Ich entschied mich bewusst für Halle, da mein Vater dort in der Nähe wohnt.

Vorher bekam ich die erste Lungenreife und ein paar Untersuchungen. Nachdem alle Untersuchungen beendet waren, packte mich der RTW ein und wir fuhren eine gute Stunde in die Uniklinik Halle. Dort erfolgten die gleichen Untersuchungen wie schon im ersten Krankenhaus. Mein Vater und meine Schwester waren schon vor Ort.

Am Abend wurde ich auf die Station verlegt. Mit strenger Bettruhe. Nicht mal aufs WC durfte ich. Täglich bekam ich Antibiose, da meine Blutwerte eine Infektion zeigten. Bei 24 SSW + 5 bekam ich die zweite Lungenreife und wurde über den Kaiserschnitt aufgeklärt.

Mit 25 SSW + 0 wurde ich vom Oberarzt der Neo aufgeklärt, welche Risiken bevor stehen können. Bei 26 SSW + 2 sollte eine  Fruchtwasserpunktion gemacht werden. Da ich aber am Abend zuvor die ersten Wehen hatte, wurde die Punktion abgesagt. Und auch am darauffolgenden Abend hatte ich Wehen. Beide Male konnten sie durch Magnesium gestoppt werden. Leider fiel mein Blutdruck dadurch auf 60/40.

Die Geburt

Nun wurde eine permanente Fruchtwasserauffüllung ab 27 SSW + 1 geplant. Am späten Abend bei 26 SSW + 4 bekam ich aber wieder Wehen. Im Rücken waren die Wehen sehr schmerzhaft. Also ging es gegen 1 Uhr nachts wieder in den Kreißsaal. Das CTG zeigte muttermundswirksame Wehen.

Gegen halb 4 kam die Ärztin und holte mich zum OP ab. Notkaiserschnitt! Ich sollte meinen Mann anrufen, der ging erst beim zweiten Mal ran. Da klar war das er es nicht mehr schaffte, rief ich meine Schwester an, die näher dran wohnte. Aber auch sie schaffte es nicht rechtzeitig, um mich in den OP zu begleiten. Der Kleine lag bei ihrer Ankunft schon auf der Neo.

Oscar ist am 21.2.2020 um 5.12 Uhr geboren. Er hatte 825g, 35 cm lange und ein Kopfumfang von 23,5 cm. Ich habe ihn nicht gesehen. Mein Mann war um halb 8 bei mir und durfte kurz vor 8 endlich zu ihm. Er schickte mir gleich ein Foto.

Das erste Foto von Oscar nach der Geburt

Gegen 16 Uhr traute ich mir zu, mit dem Rollstuhl auf die Neo zu fahren. Das war keine gute Idee. Schon im Vorraum bekam ich Schweißausbrüche. Ich konnte aber einen kurzen Blick auf ihn werfen, und dann machte mein Kreislauf schlapp. Zurück auf Station kam ich nicht mal mehr allein ins Bett.

Am nächsten Tag konnte ich schon allein auf die Neo rollen. Der Oberarzt kam zu mir. Er war sehr zufrieden mit unserem Kleinen. Er wäre ein Vorzeigefrühchen, wäre da nicht diese Gehirnblutung. Da diese schon 30 Minuten nach Geburt festgestellt wurde, war klar, dass sie noch im Mutterleib entstanden ist. Wie schlimm es wird, konnte aber noch keiner sagen.

Oscar atmete mit dem CPAP, er vertrug die Muttermilch immer super. Er hatte keine Infektion und brauchte auch keine Blutranfusion. Alles klappte super. Die Blutung wurde aber so groß, dass sie 3. Grades war. Er bekam zum besseren Abbau Epo. Eigentlich ist das ein Dopingmittel für Sportler.

An Tag 5 durfte ich das erste Mal ohne Atemunterstützung mit ihm kuscheln. An dem Tag wurde ich auch entlassen. Es war die schlimmste Heimfahrt.

Nach knapp 4 Wochen wurde er abends nach einem meiner Besuche am Inkubator auf die Nachsorgestation verlegt. Die liegt in der Uniklinik einfach 3 Türen weiter. Die ganze Station kann man im Kreis laufen. Mittlerweile atmete er mit Highflow und hatte 980g.Einen Tag später erhielt ich einen Anruf der Klinik. Besuchsverbot wegen Corona! Lockdown!

Oscar kommt nach Hause

8 Tage später durfte ich endlich wieder zu ihm. 1230g hatte er da bereits. Wahnsinn, da lag ein anderes Baby. 3 Tage die Woche durften wir zu ihm, immer nur einer allein. Nach Flaschentraining und Wärmebett wurden wir genau nach 11 Wochen Klinik mit einem scheinbar gesunden Kind entlassen.

Oscar auf der Heimfahrt

Im Entlassbrief stand periventrikuläre Leukomalazie. Wir wurden darüber leider nicht aufgeklärt. Aber die Kommunikation hat stark unter Corona gelitten. Wir haben noch in der Klinik Vojtatherapie verschrieben bekommen und eine Empfehlung für eine Physiopraxis. Die einzige in unserer Stadt, die Vojta anbietet.

Anfang war alles normal. Nach gut 2 Monaten merkte man erste Entwicklungsverzögerungen. Wir suchten uns selber Hilfe. Beantragten im September 2020 einen Pflegegrad, der im Januar 2021 von 2 auf 3 erhöht wurde. Wir beantragten auch Frühförderung. Diese läuft seit Oktober 2020 einmal die Woche.

Im Februar 2021 beantragten wir einen Reha-Kindersitz, der 6 Wochen später geliefert wurde. Im Dezember zur Risikosprechstunde in der Uniklinik wurde sein Gewicht schon angemeckert. Aber es war wegen seiner etwas geringeren Größe noch im Rahmen. Dort wurde er auf einen Entwicklungsstand von 2 bis 3 Monaten eingeschätzt.

Oscar geht in die Kita

Die Vojtatherapie wurde im Januar von einmal auf dreimal pro Woche erhöht. Seit Mai geht Oscar in einen Kindergarten mit 4 Stunden Integrationshilfe. Alle Therapien machen wir am Morgen um 8 Uhr und fahren ihn dann gegen 9Uhr in die Kita.

Unser Wunsch war, dass er im Dezember in den Kindergarten wechselt, in den auch unsere Große geht. Dort könnte er bis 3 Jahre, also Februar 2023, im Krippenbereich bleiben. Sollte er aber bis dahin nicht laufen, könnte er dort nicht weiter im Kindergarten betreut werden. Da aber bei uns Kinder nur im September im integrativen Kindergarten aufgenommen werden, hätten wir entweder ein halbes Jahr keine Betreuung oder er müsste schon im September 2022 im intgrativen Kindergarten aufgenommen werden.

Zu unserer Risikosprechstunde im Mai 2021, mit korrigiert einem Jahr, wurde Oscar auf einen Entwicklungsstand von 6 bis 7 Monaten eingeschätzt. Wir sollten uns nun auch zusätzlich eine Ergotherapie suchen. Epilepsie wurde vorerst ausgeschlossen, trotz leichter Anzeichen.

Da nun also noch die Ergo dazu kam, und in einem Jahr planmäßig die Logopädie, haben wir beschlossen, dass Oscar schon im September 2021 im integrativen Kindergarten aufgenommen werden soll. Dort können alle Therapien im Kindergarten stattfinden. Zusätzlich stellt da auch die Rechtsgrundlage ein Hindernis für einen normalen Kindergarten dar. Denn Kinder, die eine Integrationshilfe auf Vollzeit benötigen, sind in der Regel Kinder, die in einen integrativen Kindergarten gehören.

Der jetzige Kindergarten kann nicht gewährleisten, Oscar ohne Integrationshilfe ordentlich zu versorgen, und unsere ist derzeit auf 4 Stunden am Tag begrenzt. Theoretisch müsste der Landkreis im normalen Kindergarten eine Vollzeit Integrationshilfe zahlen, zusätzlich aber noch die Ergo und Logo Therapie in die Kita schicken. Sowie auch die Frühförderung, denn das kann die Integrationshilfe nicht.

Im integrativen Kindergarten sind die Mitarbeiter hoffentlich so geschult, dass sie diese Therapien übernehmen. Genaueres erfahren wir aber erst in den nächsten Tagen. Zusätzlich besteht aber das Problem, dass Kinder eigentlich erst mit 2 Jahren im integrativen Kindergarten aufgenommen werden dürfen. Es wird noch ein langer Weg.

Oscars Fortschritte

Im April 2021 beantragten wir 2 Reha Hochstühle. Der erste wird in den nächsten Tagen im Juni 2021 geliefert. Der zweite für den Kindergarten muss noch vom Landkreis genehmigt werden. Oscars Gewicht hat sich in den letzten 4 Monaten leider nicht erhöht. Wir hängen immer noch auf 7,5kg, aber an Länge hat er gut zugelegt.

Da er aber recht gut isst und auch feste Nahrung wie Brot gut kaut, haben wir vorerst keine hochkalorische Nahrung verschrieben bekommen. Sollte er im November 2021 weiterhin nur 7,5 kg haben, wird ihm hochkalorische Nahrung verschrieben. Des weiteren sollen wir uns im SPZ in Halle anmelden, da die Uniklinik als Geburtshaus uns nur bis zum korrigierten 2. Geburtstag begleiten darf. Wir haben uns als Eltern auf alle Eventualitäten eingestellt.

Nach wie vor kann keiner sagen, ob er je laufen oder selbstständig sitzen kann, oder ob seine Kopfhaltung stabil wird. Mittlerweile hat er eine infantile Cerebralparese. Er hat eine Spastik und eine Lähmung in den Beinen, Lähmungen im Rumpf und der Kopfhaltung. Außerdem eine Spastik im rechten Arm und der Hand und eine leichte Spastik in der linken Hand.

Er dreht sich über die linke Seite auf den Bauch, selten über rechts. Wenn er sich über rechts dreht, macht er das aber in einer besseren Qualität, auch bei der Drehung zurück. Er kann sich in beiden Lagen durch die Wohnung schieben, aber hat dabei alle Körperteile auf dem Boden aufliegen. Dennoch ist es eine Art der Fortbewegung.

Es war bis hier hin schon ein harter Weg, mit vielen Hindernissen. Aber schon bis hier her hat er sich gelohnt. Oscar ist scheinbar geistig gesund, genauer kann man dies aber erst im Schulalter sagen. Aber er ist sehr aufmerksam, reagiert auf seinen Namen. Er strahlt, außer er hat Hunger oder Stuhlprobleme. Da hilft uns Gott sei dank das Abhalten.

Leider kommen noch keine Worte oder Töne aus ihm. Hier geht es aber darum, dass die Sprache nicht zur geistigen, sondern zur motorischen Entwicklung gehört. Oscar macht seine Fortschritte, wenn sie auch sehr klein sind.

Oscar im Kinderwagen

Das bedeutet aber, dass die periventrikuläre Leukomalazie (PVL) auf beiden Seiten sich nicht verschlechtert. In den nächsten Tagen müssen das Herz sowie die Nieren geprüft werden. Das Herz war bisher okay, das Loch hat sich in den ersten Monaten selbst geschlossen.

Die Nieren sind durch Medikamente aus der Zeit auf der Neo verkalkt. Das hat sich bisher nicht von alleine ausgespült. Eine Kontrolle erfolgt durch Blutuntersuchung und Ultraschall. Sollte das dann noch auffällig sein, was sein verringerter Harnabsatz vermuten lässt, werden wir an eine Nierensprechstunde angebunden.

Wir werden unseren Weg finden, davon bin ich überzeugt! Und mein kleiner Mann wird sein Leben, egal in welcher Form, meistern!

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